Einem seiner Gedichte hat Herr E. den Titel „Endlich“ gegeben. Es hat eine ganz besondere Bedeutung für ihn, denn hier beschreibt er die Rückkehr seiner beiden Kinder zu ihm. „Ich liebe sie abgöttisch“, sagt er. Neun Jahre lang waren Vater und Kinder getrennt. Die Kinder lebten in einer Pflegefamilie. Obwohl er regelmäßigen Kontakt zu ihnen hatte und auch wusste, dass sie es dort gut haben, war es sein sehnlichster Wunsch, sie wieder bei sich zu haben. Vor genau zwei Jahren war es dann soweit: Das Jugendamt stimmte zu. Denn die Pflegemutter war erkrankt. Zunächst sollten die Kinder, die damals im schulpflichtigen Alter waren, nur bis zur Genesung der Pflegemutter bei ihrem leiblichen Vater bleiben. Dann aber zog Herr E. das große Los. Sie konnten „Endlich“ bei ihm bleiben.
Keine Aussicht auf einen Job
Er hat die Wohnung umgeräumt, sodass jedes Kind ein eigenes Zimmer bekam. Das ist notwendig, denn das jüngere Kind leidet an Epilepsie. Autismus wurde ebenfalls diagnostiziert. „Jeder Epilepsieanfall zerstört Gehirnzellen und daher besucht das Kind eine Förderschule. Dort sind zwölf Kinder in der Klasse. In der Regelschule mit 30 Kindern im Klassenzimmer würde das gar nicht gehen“, erklärt Herr E., der jetzt Anfang vierzig ist und wegen der Pflege des jüngeren Kindes nicht mehr arbeiten kann.
Er hat sich für diverse Teilzeitjobs beworben, zum Beispiel bei einem Callcenter, denn da hätte er von zuhause aus arbeiten können. „Ich bin ja verpflichtet zu sagen, dass ich ein krankes Kind habe – und sobald die Arbeitgeber das erfahren, bin ich raus“, erzählt er. Tatsächlich kann es sein, dass er vormittags einen Anruf erhält, dass das Kind einen Anfall hat. Dann muss er alles stehen und liegen lassen und muss los. Er hofft, dass sich die Situation ändern wird, wenn das jüngere Kind in vier Jahren seinen Schulabschluss macht, eine Ausbildung beginnt und dann eventuell einen Platz im betreuten Wohnen bekommt. Das ältere der Kinder macht eine Lehre. Darauf und auf die gesamte persönliche Entwicklung des älteren Kindes ist Herr E. sehr stolz. Die Kehrseite ist: Weil das Kind ein Ausbildungsgehalt bekommt, werden dem Vater 300 Euro vom Bürgergeld abgezogen. Das ärgert ihn sehr: „Ich lasse mir von dem Kind für die Lebensmittel schon etwas Geld geben. Aber ich kann doch nicht die ganze Ausbildungsvergütung verlangen, weil mir so viel abgezogen wird.“
Die Familie sollte ausziehen
Vor Kurzem sollte Herr E. auf Anweisung des Jobcenters aus der jetzigen Wohnung ausziehen, weil diese mit vier Zimmern zu groß sei für drei Menschen. Diese Drohung konnte er glücklicherweise abwenden, weil es einen medizinischen Grund gibt, der gegen einen Umzug spricht: Jede Veränderung – und dazu hätte nicht nur der Wohnungswechsel, sondern auch ein Schulwechsel gehört – würde den Gesundheitszustand des jüngeren Kindes erheblich verschlechtern. Autistische Menschen reagieren auf kleinste Veränderungen unter Umständen panisch.
Herr E. berichtet von einer ganz alltäglichen Unternehmung: „Kürzlich waren wir zusammen im Supermarkt. Normalerweise mache ich das alleine, aber da ging es nicht anders. Das war schon so aufwühlend, dass wir kaum etwas erledigen konnten und ich nachher zuhause eine Stunde lang gebraucht habe, bis ich das Kind wieder beruhigen konnte.“
Das Kind braucht Ordnung
Die epileptischen Anfälle sind dank der guten Dosierung der Medikamente selten geworden, aber der Autismus verlangt vom Vater besondere Aufmerksamkeit. Etwas amüsiert erzählt er: „Wenn ich zum Beispiel Buchstabensuppe gekocht habe, dann werden alle Buchstaben sortiert: Alle As und alle Bs und so weiter.“ Ähnlich ist es morgens beim Wecken und beim Waschen und Anziehen. Das muss exakt immer zur gleichen Uhrzeit sein. Schon eine Minute hin oder her bringt den Ordnungssinn des Kindes durcheinander. „Früher hat mich das aufgeregt, jetzt lebe ich damit“, sagt der Vater.
Vor zehn Jahren hatte er sich von der Mutter der Kinder getrennt, aber den Kontakt zu den Kindern gepflegt, obwohl er weggezogen war und mehrere Hundert Kilometer entfernt lebte. Dann wurde seine Ex-Partnerin schwer krank. Sie musste immer wieder in die Klinik. Die Kinder gab sie in eine Pflegefamilie. Die Mutter ist mittlerweile so schwer krank, dass sie sich nicht mehr um die Kinder kümmern kann. Wegen der Kinder zog Herr E. zurück in die Region.
Die Krankenkasse zahlt nicht
Das jüngere Kind muss in bestimmten Abständen zur stationären Untersuchung in eine Spezialklinik für Epileptiker in der Nähe von Freiburg. Weil es bei der letzten Untersuchung in seinem 13. Lebensjahr war, weigerte sich die Krankenkasse, dem Vater den Aufenthalt im Gästehaus der Klinik zu bezahlen. Der wird nur bis zum zwölften Lebensjahr übernommen. „Ich konnte nach dem Schulunterricht in der Klinik immer bis 18 Uhr beim Kind bleiben,“ berichtet er. 21 Tage dauerte der Aufenthalt und hat 1200 Euro gekostet. Diesen Betrag kann Herr E. von seinem Bürgergeld nicht aufbringen. „Hilfe für den Nachbarn“ bittet deshalb um Spenden.
DAS SPENDENKONTO
IBAN: DE53 6005 0101 0002 2262 22Baden-Württembergische BankBic/Swift: SOLADEST600Kennwort Hilfe für den Nachbarn.
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